Rob Savelberg über den Du-Trend im Deutschen

    Schwer
    Deutsch perfekt Audio 4/2025
    Rob Savelberg
    © Stephan Sperl; Illustration: 300 librarians/Shutterstock.com
    Von Rob Savelberg

    Starten Sie den Audio-Text

    Mit dem Audio-Player können Sie sich den Text anhören. Darunter finden Sie das Transkript.

    Transrkipt: Rob Savelberg über den Du-Trend im Deutschen

    Die Sache war klar: In der Schule waren Lehrerinnen und Lehrer die Respẹktsperson, -enPerson, zu der man höflich ist und die man in ihrer Position akzeptiertRespektspersonen. Wir haben sie ạnsprechen mịthier: … sagen zumit „Frau Lehrerin“ ạnsprechen mịthier: … sagen zuangesprochen. Später, nach dem Abitur, war die die Ạnrede, -nhier: Formel, mit der man eine Person ansprichtAnrede selbstverständlich „Herr Professor“. 

    Aber irgendwann, vor etwa einem Vierteljahrhundert, veränderte sich etwas in meiner Heimat. Das Siezen aus der Mode kọmmenunmodern werdenkam aus der Mode. Nicht plötzlich, unerwartet. Sondern allmählich. Nicht nur an den Supermarktkassen. Auch in den Betrieben. 

    Die Kundin wurde irgendwann stạndardmäßigso, dass es Standard iststandardmäßig geduzt. Ein Mitarbeiter konnte seine Chefin informell mit ihrem Vornamen ansprechen. Ich sah es als ein Zeichen der Liberalität. Es passte zu einer freien Nation, die sich selbst unkompliziert und lustig fand. 

    In Deutschland aber erinnerte ich mich an meinen alten Deutschlehrer. Der meinte, dass in der damalige (-r/-s)hier: zu dieser Zeitdamaligen Bundesrepublik Respektspersonen unbedingt mit „Herr-Dr.-General-von-Staat“ angesprochen werden sollten. 

    Natürlich machte ich das. Ich liebte die Deutlichkeit der Verhältnisse. Die Bundeskanzlerin war selbstverständlich eine Frau Doktor. Aber auch in Deutschland gab es eine kleine kulturelle Revolution. Die großen die Lebensmittelkette, -nFirma mit vielen Supermärkten an verschiedenen OrtenLebensmittelketten duzen in der Werbung, ihre Mitarbeiter fragen mich gelạngweiltso, dass einem langweilig istgelangweilt: „Willst du mit Karte oder bar bezahlen?“ Inzwischen bin ich oft doppelt so alt wie die Person, die das fragt. Ich sịch nịcht rịchtig ẹrnst genọmmen fühlendas Gefühl haben, dass eine Person einen nicht wirklich akzeptiertfühle mich nicht richtig ernst genommen.

    Bin ich nun konservativer? Oder ist die deutsche Gesellschaft einfach liberaler geworden? Oder beides? Ein Blick in die Statistik hilft. Zwei das Drịttel, -der dritte Teil von etwasDrittel der der/die Befragte, -nPerson, die auf Fragen zu einem speziellen Thema antwortetBefragten fanden das „Sie“ früher gut. Heute sagt das nur noch jeder dritte oder vierte Deutsche. Will man den Umfragen glauben, freuen sich Frauen etwas mehr, wenn sie mit „Sie“ angesprochen werden. 

    Das Duzen in das Unternehmen, -FirmaUnternehmen auffallenhier: merkenfällt mir jedes Mal ein bisschen mehr auffallenhier: merkenauf. Weil der Brụch mịthier: Ende vonder Bruch mit der langen Vergangenheit des Siezens so deutlich ist. Wenn der Verkäufer fragt: „Willst du den der Kạssenzettel, -QuittungKassenzettel?“ – sollte ich da dụrchatmensehr intensiv Luft holendurchatmen und ,,Sie können den gern behalten“ antworten? 

    Ich verstehe, dass Firmen Probleme haben mit der die Klụft, -ü-ehier: starker GegensatzKluft zwischen die Modernitäthier: aktuelle ZeitModernität und Respekt. Persönlich möchte ich in Briefen von meiner Versicherung nicht geduzt werden. 

    Ältere Deutsche freuen sich etwas mehr über das Siezen als jüngere. Vielleicht werde ich also einfach älter und meine die Präferẹnz, -enbesonderes Interesse; besonderer WunschPräferenzen verändern sich? Die die Wẹlle, -nhier: TrendWelle des Duzens lässt sich kaum mehr stoppen. Nur noch drei Prozent aller Arbeitnehmerinnen siezen alle Kollegen. Duzen lässt einen glauben, dass man sich gut kennt und vertraut, Siezen zeigt eine Distanz. Ich möchte von Fall zu Fall entscheiden, was am besten passt.

    Neugierig auf mehr?

    Dann nutzen Sie die Möglichkeit und kombinieren Ihr optimales Abo ganz nach Ihren Wünschen.