Tipps für die richtige Aussprache

    Mittel
    Deutsch perfekt 7/2021
    Affe sitzt in einem Boot
    © Eric Isselee, Matveev Aleksander/shutterstock.com
    Von Claudia May

    Johann Sebastian Bach kennt fast jeder. Der Nachname des Komponisten ist für Deutsche ziemlich normal. Viele die Nicht-Muttersprachlerin, -nenhier: Frau, deren Muttersprache nicht Deutsch istNicht-Muttersprachlerinnen und Nicht-Muttersprachler haben damit aber ein Problem: Wie spreche ich dieses ch korrekt aus? Keine Angst: solche≈ dieseSolche Probleme haben viele. In jeder Sprache gibt es Wörter, die Lernenden das Leben schwer machenProbleme machendas Leben wirklich das Leben schwer machenProbleme machenschwer machen.

    Für Florin Onea war es zum Beispiel das Wort Hauptbahnhof. „In meiner ersten Zeit in Deutschland habe ich nicht verstanden, wie jemand das aussprechen kann“, erzählt der Rumäne und lacht. „Ich wusste einfachhier: ≈ Das ist die Erklärung.einfach nicht, wo man da im Wort selbst eine Pause macht, wo also eine die Silbe, -nTeil eines WortesSilbe zu Ende ist.“

    Das Problem hatte der IT-Spezialist besonders bei langen Wörtern – und davon gibt es im Deutschen viele. Wenn Muttersprachlerinnen dann auch noch schnell geredet haben, verschwimmenhier: unklar werdenverschwamm für den 38-Jährigen die Sprache so stark, dass er keine klare Struktur erkennen konnte.

    Warum die Aussprache so wichtig ist

    Für Onea war es also eine große die Herausforderung, -enhier: interessante und auch schwierige AufgabeHerausforderung, das Wort Hauptbahnhof richtig auszusprechen. Aber er hat sich stellenhier: sich intensiv beschäftigen (wollen) mitsich ihr sich stellenhier: sich intensiv beschäftigen (wollen) mitgestellt. Und das war auch gut so. „Die korrekte Aussprache ist für das das Verständnishier: Verstehen; InterpretationVerständnis sehr wichtig. Ohne sie scheiternkeinen Erfolg habenscheitert die Kommunikation“, sagt Phonetik­expertin Daniela Niebisch.

    Die 46-Jährige wissen, wovon man sprichthier: ≈ so sprechen, weil man Erfahrung hatweiß, wovon sie spricht. Sie trainiert seit vielen Jahren mit Deutschlernenden die korrekte Aussprache und ist Autorin des Praxisbuch Phonetik und der die Übungsreihe, -nhier: Serie von Übungen (z. B. als Heft)Übungsreihe Phonetik – Übungen und Tipps für eine gute Aussprache.

    Wie wichtig ihr Thema ist, zeigt auch dieses Phänomen: Ein Lernender kann zwar Sprachkenntnisse auf dem sehr hohen das Niveau, -s franz.hier: ≈ Qualität der SprachkenntnisseNiveau C1 haben. Wenn er aber mit extremem Akzent spricht und falsche Pausen setzenmachensetzt, dann denken viele: Das ist ein Anfänger.

    umgekehrt≈ genau das GegenteilUmgekehrt werden die Sprachkenntnisse einer Anfängerin viel höher einschätzenhier: vermuten, dass etwas besser isthöher eingeschätzt, wenn sie eine gute Aussprache hat und die richtige Satzmelodie treffenhier: adäquat benutzentrifft. Kleine Grammatikfehler werden dann oft gar nicht registrierenhier: merkenregistriert. Und der Kommunikationspartner benutzt schwereres Deutsch, was die Deutschlernende wieder Fortschritte machen lässt.
     

    Wenn ein Lernender mit einem extremen Akzent spricht, denken alle: Das ist ein Anfänger.


    Wer kaum verstanden wird, wird von Deutschen oft nicht ernst nehmenhier: zeigen, dass man wichtig findet, was … sagternst genommen. „Das passiert ganz automatisch und ist keine bewussthier: gut überlegt; gewolltbewusste Entscheidung des das Gegenüber, -hier: GesprächspartnerGegenübers“, erklärt Niebisch. „Aber wenn man das weiß, ist klar: Besonders bei Ämtern oder auch bei der Arbeit bringt ein extremer Akzent Nachteile.“

    Für wen ist es besonders schwer?

    gerechtmoralisch richtigGerecht ist das nicht. Deutsch gut zu sprechen, ist nämlich natürlich für die meisten Europäer viel leichter als zum Beispiel für Asiaten. Besonders Muttersprachler von eng verwandt mithier: ≈ ziemlich ähnlichmit dem Deutschen eng verwandt mithier: ≈ ziemlich ähnlicheng verwandten Sprachen wie Niederländisch oder Schwedisch müssen meistens viel weniger trainieren.

    Aber mit ihren Phonetik-Problemen ist kaum eine Nation allein: Auch Franzosen und Italienerinnen finden Wörter wie Hauptbahnhof schlimm. Aber bei ihnen geht es, anders als bei Onea, nicht um Silben. Ihr Problem: Sie kennen das h aus ihrer Sprache nicht. Deshalb machen sie im Gespräch auch schnell aus einem der Hai, -egefährlicher Meeresfisch (s. Bild hier unten)Hai ein Ei. „Und kennen Sie den der Affe, -nTier, das mit dem Menschen verwandt ist (s. Bild oben)Affen von Marseille?“, fragt Oneas französische Kollegin Sandrine Hygoulin und lacht. „Das Tier ist plötzlich da, wenn Franzosen bei dem Wort Hafen das h nicht sprechen – und dann auch noch das a kurz sprechen. So wie sie es aus ihrer Sprache kennen.“
     

    Hai im Eierbecher


    Menschen aus Spanien, Russland und der arabischen Welt kann man mit der Umlaut, -eä, ö, üUmlauten, wie in dem Wort Übung, den Tag verderbenhier: kaputt machenverderben. Und Engländer finden das Eichhörnchen, -kleines Tier mit dickem, langem Schwanz, das auf Bäumen lebt (der Schwanz, Schwänze: langes, meistens dünnes Stück am Ende des Rückens von Tieren)Eichhörnchen zwar meistens niedlichsüß; nettniedlich, aber auf zweimal ch in diesem Wort würden sie sicher gern verzichtenhier: nicht mehr haben wollenverzichten. Und über den Komponisten Johann Sebastian Bach reden sie mit großer Wahrscheinlichkeit≈ ziemlich sichermit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht gern.

    Kleiner Unterschied?

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die die Betonunghier: WortakzentBetonung. Diese wandernhier: die Position ändernwandert im Deutschen nämlich oft. Dann hat das Wort eine komplett andere Bedeutung. Dafür muss manchmal auch kein Buchstabe anders sein. Es ist zum Beispiel ein großer Unterschied, ob man seine Oma auf der Straße umfahrenhier: an jemanden/etwas fahren, sodass er/es zu Boden fälltumfährt – oder umfahrenhier: um jemanden/ etwas herumfahrenumfährt.

    „Wird der Wortakzent falsch gesetzt, kann der Gesprächspartner die Aussage oft nicht mehr dekodieren“, fasst Phonetik­spezialistin Niebisch das Problem zusammen. „Oder wissen Sie, was Blumento-Pferde sind? Richtig betont zeigt sich, dass der Blumentopf, -töpfe≈ Eimer für eine PflanzeBlumentopf-Erde gemeint ist. Und wer nicht aufpasst, macht aus dem Wort der Urinstinkt, -e≈ natürliche, unbewusste Art, auf spezielle Situationen zu reagierenUrinstinkt schnell Urin stinkt.“
     

    Wird der Wortakzent falsch gesetzt, kann der Gesprächspartner die Aussage oft nicht mehr dekodieren.


    Und wenn man sich die korrekte Aussprache absolut nicht merken kann? Dann kann man es mit der Zungenbrecher, -kurzer Satz oder Text, der wegen ähnlicher Laute schwer auszusprechen ist (die Zunge, -n: Organ im Mund für das Schmecken und Sprechen)Zungenbrechern probieren. Das klingenhier: zu lesen seinklingt zwar erst einmal komisch, denn die sind natürlich wirklich kompliziert. Aber sie helfen, im das Gedächtnis, -se≈ Speicher im Kopf, mit dem man sich an Dinge erinnern kannGedächtnis eine Emotion und ein Bild zu erzeugen≈ herstellenerzeugen. Dann ist der Zungenbrecher wie eine die Eselsbrücke, -nugs.: Hilfe, um sich etwas leichter zu merken, oft in rhythmischer Form (der Esel, -: graues Tier, einem Pferd ähnlich)Eselsbrücke, mit der man sich den richtigen Wortakzent merken kann. Und auch Muttersprachlerinnen haben ihre Pro­­­bleme mit Fischers Fritz, der frische Fische fängt.

    Wie Betonung einen Satz verändert

    Da die deutsche Sprache aber nicht nur aus einzelnen Wörtern besteht, muss ein Lernender außerdem auf die richtige Satzmelodie achten. So dürfen zum Beispiel Spanierinnen den Rhythmus ihrer Sprache nicht einfach übertragen aufhier: auch benutzen beiauf das Deutsche übertragen aufhier: auch benutzen beiübertragen. Der ist dort nämlich komplett anders. Und Chinesen, die wie man weißbekanntlichbekanntlich in einer tonalen Sprache zu Hause sind, müssen wieder einmal sehr viel mehr lernen als andere.

    Eine andere die Besonderheit, -enhier: spezielle SacheBesonderheit des Deutschen: Man kann fast jedes Wort in einem Satz durch eine Betonung hervorhebenhier: markieren; deutlich zeigenhervorheben. Damit ändert sich die Bedeutung des Gesagten. Ein Beispiel:

    Heute kommt Johanna zu uns: Hier wird betont, dass Johanna an genau diesem Tag kommt und nicht, wie vielleicht ursprünglich geplant, morgen.

    Heute kommt Johanna zu uns:  Hier wird betont, dass genau diese Person kommt und nicht, wie vielleicht ursprünglichhier: eigentlich; ≈ am Anfang so geplantursprünglich geplant, ihre Schwester Petra.

    Eine Regel ist im Deutschen bei der Satzmelodie auf jeden Fall sehr wichtig: Die Stimme geht am Ende eines Satzes nach unten. Und das sehr weit. Das ist auch sehr oft bei Fragesätzen so. generellhier: ≈ prinzipiellGenerell rät die Phonetikexpertin ihren Schülern, im Deutschen mit tiefer Stimme zu sprechen. Denn das ankommenhier: auf eine spezielle Art zu merken seinkommt beim Gegenüber viel seriöshier: professionell; ernstseriöser ankommenhier: auf eine spezielle Art zu merken seinan. Auch in deutschen Radio­programmen oder in den Fernsehnachrichten hört man deshalb meistens Menschen, die eine tiefe Stimme haben.
     

    Generell rät die Phonetikexpertin ihren Schülern, im Deutschen mit tiefer Stimme zu sprechen. Denn das kommt beim Gegenüber viel seriöser an.

     

    Ohne Akzent sprechen?

    Aber können es schaffenhier: Erfolg habenes Deutschlernende es schaffenhier: Erfolg habenschaffen, wirklich wie Muttersprachlerinnen zu reden? Also so, dass man keinen Akzent mehr hört und die Sprachmelodie perfekt ist? „Theoretisch ist das möglich“, sagt Daniela Niebisch. „Aber ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren wird es schwieriger. Denn Sprache funktioniert bei den Menschen dann automatisch. Wir denken also nicht mehr darüber nach, wie wir zum Beispiel Laute bildenhier: machenbilden.“ Dann kann die Schülerin nach Stunden des Übens zwar endlich ein h sprechen. Aber im nächsten Gespräch kommt der Laut dann doch wieder nicht aus ihrem Mund. Das kann ziemlich frustrierend≈ enttäuschend; so, dass etwas traurig machtfrustrierend sein.

    Aber: Oft machen sich Menschen auch zu viele Gedanken. „Es ist im Deutschen zum Beispiel völlig egal, ob Sie ein r vorn mit der Zunge artikulieren oder hinten im der Rachen, -hinterer, innerer Teil des Mundes und HalsesRachen bilden“, erklärt Niebisch. „Man wird Sie immer gut verstehen.“ Auch bei einem kleineren Akzent sieht die Expertin keine Probleme. Viele Deutsche finden diesen sogar sehr charmantfranz.: mit viel Charmecharmant. Nicht umsonst ...hier: Speziell deshalb …Nicht umsonst werden zum Beispiel Protagonistinnen mit einem italienischen oder auch französischen Akzent oft in Fernsehwerbungen einbauenhier: integriereneingebaut.

    Diesen Vorteil zu nutzen wissen≈ zu seinem Vorteil benutzenwusste auch der niederländische Showmaster Rudi Carrell zu nutzen wissen≈ zu seinem Vorteil benutzenzu nutzen. Er war in Deutschland sehr populär und konnte Deutsch fast ohne Akzent sprechen. Das hat er aber nicht getan. Denn das gefärbt durchhier: wegen … etwas anders als der Standarddurch seine Muttersprache gefärbt durchhier: wegen … etwas anders als der Standardgefärbte Deutsch war sein das Markenzeichen, -hier: typische SacheMarkenzeichen. Und das Publikum fand seine falsche Aussprache fantastisch.