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Transkript: SSSSSSSSSSWUSCH!
Der Spätsommer 1960 ist eine gute Zeit für Hamburg. Der Fußballverein HSV hat vor Kurzem die Fußballsaison gewonnen, und die Beatles spielen in der norddeutschen Metropole im Musikclub Indra ihre ersten Konzerte.
Bei der Post aber macht man sich Sorgen. Mehr und mehr Autos fahren durch die Stadt. Was, wenn die Postautos bald nicht mehr dụrchkommenhier: ans Ziel kommendurchkommen? Und das müssen sie, denn die Post boomt. Acht Milliarden Briefe pro Jahr werden in Deutschland verschickt. Und in Hamburg werden mehr als ein Drittel der Briefe in der die Ịnnenstadt, -ä-eStadtzentrumInnenstadt verschickt. Was also tun, fragt man sich bei der Post. Das Resultat: die Idee einer gigantischen und vor allem schnellen Post-Infrastruktur mit langen Konstruktionen in Form von Zylinderndie RohrpostRohrpost, die wichtige das Pọstamt, -ä-erGebäude der PostPostämter der Stadt verbindet.
Bis zu dieser Zeit werden mit Rohrpost nur kleine und leichte Objekte wie Telegramme oder die Gẹldanweisung, -enÜberweisungGeldanweisungen transportiert. 1853 startete die erste Stadtrohrpost in London. Sie funktionierte mit die DạmpfkraftEnergie von Wasser, das zu Gas gemacht wurdeDampfkraft, im Prinzip aber schon wie heute: Zylinder-Containerder Behälter, -Behälter werden durch Rohre vom Start- zum Zielort blasenhier: mit Luft von sich wegbewegengeblasen – oder per pẹr Ụnterdruckauf Basis einer negativen Energiedifferenz, z. B. mit mehr Energie außenUnterdruck ạnsaugenmit der Luft bewegen und so zu sich ziehenangesaugt.
Die erste Stadtrohrpost in Deutschland gab es 1865 in Berlin, 1887 dann in Hamburg. Am Anfang verband sie die die Börse, -nMarkt, auf dem Firmenteile gekauft und verkauft werdenBörse mit dem das Telegrafenamt, -ä-erTeil der Post, der sich um die Telegrafie kümmertTelegrafenamt. Im Jahr 1912 waren die die Leitung, -enhier: Verbindung als Teil der InfrastrukturLeitungen der Rohrpost schon mehr als 19 Kilometer lang. Sie erreichten die wichtigsten Postämter.
Im Zweiten Weltkrieg machen Bomben große Teile des Hamburger das Rohrleitungsnetz, -eInfrastruktur der RohrpostRohrleitungsnetzes kaputt. Einzelne Teile werden sofort wieder neu gebaut. Aber die alten Rohre sind kaum sieben Zentimeter dick. Das ist inzwischen viel zu eng. Also entscheidet die die Bụndespostoffizielle Institution für die Post in ganz DeutschlandBundespost: Eine Großrohrpost ist nötig, mit Rohren von 45 Zentimeter der Dụrchmesser, -Linie durch die Mitte eines KreisesDurchmesser. Durch diese werden die Behälter aus Aluminium schießenhier: sehr schnell fahren lassengeschossen – zehn Meter pro Sekunde schnell, gefüllt mit bis zu 1000 Briefen.
Also beginnt am 13. September 1960 der der Bau≈ das BauenBau einer die Tẹststrecke, -nhier: Transportweg als TestTeststrecke – ein Test nicht nur für Hamburg, sondern ein Modellprojekt für alle westdeutschen Städte mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Die Sache hier: klappenläuft so gut laufenhier: klappengut, dass die Presse eingeladen wird. der Oberpọstdirektor, -enLeiter der PostOberpostdirektor Georg Heck ạbschießenhier: verschickenschießt am 2. Dezember 1960 den ersten Behälter ạbschießenhier: verschickenab. Sein Inhalt: der Hut eines Reporters. Der Behälter kommt 350 Meter weiter an der Hamburger Jacobikirche an. Ein Erfolg!
Der Bau der rịchtighier: ↔ als Testrichtigen Strecke wird dann aber sehr schwierig. Unter der Erde finden die Arbeiter unbekannte Bunker und alte Mauern. Manchmal ist wegen der U-Bahn-Tunnel und Straßenbahngleise auch nicht genug Platz.
Aber am 8. Februar 1962 sind diese Probleme kein Thema mehr. Nach rund einem Jahr Bauzeit ist die 1,8 Kilometer lange Großrohrpost fertig. Im das Pọstscheckamt, -ä-erGebäude mit Postamt und Bank als Firmenteil der PostPostscheckamt drückt Bundespostminister Richard Stücklen um 14.30 Uhr auf den „roten Knopf“ und startet den Betrieb. 1,5 Millionen Mark hat Hamburg investiert – und ist nun die erste Stadt der Welt mit einer Großrohrpost.
Das ist sie für circa eine Woche. Am 17. Februar 1962 gibt es in Hamburg eine gigantische die Stụrmflut, -ensehr hohes Wasser als Konsequenz von Regen und sehr starkem WindSturmflut. Große Teile der Stadt überschwẹmmt werdenunter Wasser stehenwerden überschwemmt. Heck steigt selbst in das Rohr, um die kaputten Stellen zu finden. Erst nach einem halben Jahr funktioniert die Rohrpost wieder.
Im Herbst 1962 tut sie es dann endlich. Alle 20 Sekunden rasenextrem schnell fahrenrast ein Behälter durch das Rohr. Und die Post will mehr. Bald werden neue Behälter für bis zu 2000 Briefe konstruiert. Insgesamt transportiert die Großrohrpost pro Stunde dann 300 000 Briefe. Expertinnen kommen, um das zu sehen – auch aus den USA, der Sowjetunion, Israel und Südkorea.
Jetzt plant Hamburg noch ambitionierter, ein System von 133 Kilometern. Aber das Postministerium gibt dafür kein Geld.
1965 ist die Rohrpost in Hamburg ein vier Kilometer großer der RịngverkehrPostverkehr, bei dem die Post in einem Kreis zirkuliertRingverkehr. Und sein Betrieb wird immer teurer. Außerdem gibt es mehr der Ausfall, -ä-eBetriebsstopp, z. B. wegen eines DefektsAusfälle. Die Rohrsegmente sịch verschiebensich etwas bewegen und so z. B. nicht mehr in einer Linie seinverschieben sich, es gibt Materialdefekte. Das ist sehr teuer.
1976 (Ẹs) ịst Schlụss.(Etwas) muss aufhören/enden.ist Schluss. „Diese Rohrpost war ein Versuch“, sagt die Bundespost – und nicht alle Versuche klappen.
Tot ist das Prinzip deshalb nicht. Bis heute gibt es keine effektivere Methode für das schnelle Verschicken kleiner Objekte. Das Bundeskanzleramt in Berlin hat eine Rohrpost. Und für die die Ạnlage, -nhier: LeitungsnetzAnlage der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, 15 Kilometer lang, ist eine Verlängerung auf 30 Kilometer geplant. Schon jetzt transportiert sie täglich circa 3200 die Gewebeprobe, -nhier: kleine Menge aus dem Körper für eine BiopsieGewebeproben oder Blutkonserven durch die Rohre auf und unter dem Campus.
Von der Hamburger Großrohrpost ist heute aber nur noch wenig zu sehen. In der Innenstadt sind auf manchen Wegen noch ein paar kleine der Dẹckel, -oberer Teil zum Öffnen und SchließenDeckel aus schwerem Metall zu finden, in die das Wort „Post“ eingravierenmit einem Werkzeug in hartes Material schreibeneingraviert ist. Sie waren ein Element im Tunnelsystem und wichtig für das Kondenswasser der Postrohre. Und unter einer Brücke am zentralen Rödingsmarkt gibt es noch ganze Rohre. Sie sind Teile der Anlage – aber verwendet wurden sie seit dem Bau nie.
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