Viel zu lange Sätze, Fremd- und das Fachwort, -wörterWort, das Experten benutzenFachwörter ohne Erklärung: So fassen der Forscher, -Person, die für mehr Wissen arbeitet und systematische Untersuchungen machtForscher und Forscherinnen der Universität Hohenheim in Stuttgart die Corona-Kommunikation der deutschen Regierung zusammen. Mehr als 1300 Pressemitteilungen zur Pandemie haben die der Kommunikationswissenschaftler, -Person, die verschiedene Aspekte der Kommunikation systematisch untersuchtKommunikationswissenschaftler analysiert. Das Resultat der Untersuchung: Es ist für die Bürgerinnen im Land ziemlich schwierig, die wichtigen Informationen zu verstehen – auch für Deutsche.
Erste Hilfe fürs Amt
Hier finden Sie Tipps, mit denen Sie die Sprache der deutschen Bürokratie leichter verstehen.
1. Verben verwenden
In Amtstexten stehen viele Substantive. Dieser Nominalstil ist typisch für die Amtssprache. Versuchen Sie, daraus Verben zu machen:
die Aufhebung → aufhebenhier: ändern; bestimmen, dass etwas nicht mehr gültig istaufheben, etwas wird aufgehoben, rückgängig machenerklären, dass eine Entscheidung nicht mehr gültig istrückgängig gemacht
einer Prüfung unterziehen → prüfen
Klage erheben → klagenhier: ≈ wollen, dass ein Gericht eine Lösung sucht (das Gericht, -e: hier: öffentliche Institution: Dort wird entschieden, ob sich jemand nicht an den Regeln des Staates orientiert hat.)klagen
eine Mitteilung machen → mitteilen
2. Aktiv statt Passiv
Die bürokratische Sprache versteckenhier: nicht zeigen wollenversteckt oft die handelnden Personen hinter Passivkonstruktionen. Finden Sie das Subjekt:
Es muss der Nachweis erbracht werden ... → Sie müssen nachweisenmit Dokumenten zeigennachweisen ...
Dem Antrag kann nicht entsprochen werden. → Ich lehne Ihren Antrag ab.
3. Hauptsätze finden
Ein Satz ist einfacher zu verstehen, wenn Sie den Hauptsatz – mit den Hauptinformationen – an den Anfang stellen:
Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllenhier: sich genau orientieren anerfüllt sind, können Sie einen Antrag auf die Übernahme, -nhier: BezahlungÜbernahme der Kosten stellen. → Sie können einen Antrag auf Übernahme der Kosten stellen, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
4. Abkürzungen erkennen
die Abkürzung, -enwenige Buchstaben, die an der Stelle eines Wortes stehen, z. B. usw. = und so weiterAbkürzungen:
Abs. = der Absatz, AbsätzeTeil eines TextesAbsatz
bzw. = beziehungsweise → oder
gem. = gemäß → nach einem Paragraf
ggf. = gegebenenfalls → wenn es nötig ist
i. A. = im Auftrag
o. g. = oben genannt → schon im Text genannt
u. g. = unten genannt → unten im Text genannt
5. Diese Wörter helfen
die Abschrift, -en: Kopie
die Anschrift, -en: Adresse
der Bescheid, -e: offizieller Brief, in dem ein Amt eine Entscheidung mitteilt
beschult werden: zur Schule gehen
der deutsche Staatsbürger anderweitiger Nationalität: Person, die einen deutschen und einen ausländischen Pass hat
die Eheschließung, -en: Heirat
die Fahrerlaubnis, -se: Führerschein
der Gelegenheitsverkehr: Taxis und Mietwagen
der Lautraum, -räume: Disco
die Luftverlastung, -en: Helikoptertransport
die Lebensberechtigungsbescheinigung, -en: Familienstammbuch = Buch mit wichtigen offiziellen Dokumenten zur Person, z. B. zu Geburt, Heirat …
das Lichtbild, -er: Foto
die Lichtzeichenanlage, -n: Ampel
das Mehrstück, -e: Kopie
die Namenseinheit: gleicher Familienname von Ehepaaren oder von Eltern und Kindern
das Postwertzeichen, -: Briefmarke
das raumübergreifende Großgrün: Baum
das Schreiben, -: Brief
verbringen: hier: hinbringen
die Versagung, -en: Ablehnung; Nein zu einem Antrag
Die Forscher kritisieren an der Kommunikation speziell die komplizierten Sätze mit bis zu 50 Wörtern. Auch die Wörter selbst sind manchmal viel zu lang, zum Beispiel Wortmonster wie das das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzhier: Gesetz, das regeln soll, wie die Gesundheitsversorgung veribessert werden soll (das Gesetz, -e: schriftliche Regel, die de Regierung macht; die Gesundheitsversorgung , ≈ alle medizinischen Angebote, Medikamente, Services und Hilfsmittel)Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz. In Deutschland lebende Ausländerinnen kennen dieses Problem besonders gut. Fast alle können von unverständlichnicht/schlecht/schwierig zu verstehenunverständlichen der Behördenbrief, -eBrief von einer Behörde (die Behörde, -n: offizielle Institution; Amt)Behördenbriefen berichten.
Kein Wort, sondern eine Kurzgeschichte
Das kann auch der Brite Ian McMaster, der inzwischen außerdem einen deutschen Pass hat. Als der 62-Jährige vor rund 30 Jahren nach München kam, wollte das Standesamt für seine Heirat eine die Eheunbedenklichkeitsbescheinigung, -enschriftliche Bestätigung aus dem Heimatland, dass eine Person heiraten darf (z. B. weil sie noch nicht verheiratet ist)Eheunbedenklichkeitsbescheinigung. Mit dem Dokument beweisenhier: zeigenbeweist man, dass es keine rechtlichvon: Recht = Regeln eines Staates; Gesetzerechtlichen Gründe gegen die Ehe gibt. „Das ist kein Wort – das ist eine Kurzgeschichte“, sagt McMaster und lacht.
Aber nicht immer kann man solche (-r/-s)≈ von der genannten Art; ≈ wie diesesolche Situationen mit Humor sehen. Und vor allem: Was hilft, um diese spezielle Sprache zu verstehen? McMaster hat in seinen ersten Jahren im Land deutsche Freunde gefragt. Und gelernt, dass auch sie das Amtsdeutsch nicht immer verstehen. „Manchmal musste ich mehrere Leute fragen“, erzählt er.
Bei das Verständnisproblem, -ehier: Problem, einen Text zu verstehenVerständnisproblemen und Unsicherheiten hat der der Zuwanderer, -ImmigrantZuwanderer gute Erfahrungen gemacht, wenn er den direkten Kontakt zu den Ämtern suchte. „Ich rufe die die Sachbearbeiterin, -nenhier: Frau, die sich um einen speziellen Teil der Aufgaben kümmert; Frau, die im Amt arbeitetSachbearbeiterin oder den Sachbearbeiter an und fasse den Inhalt des Behördenbriefs in meinen eigenen Worten zusammen“, sagt McMaster. Wenn er etwas falsch verstanden hat, korrigiert ihn dann der Sachbearbeiter. „Das hilft mir sehr. Aber für so einen Anruf braucht man schon ganz gute Deutschkenntnisse.“
Hilfe im Deutschkurs
Auch Katty Cavassa hat der direkte Kontakt zu der Sachbearbeiterin geholfen. Als sie vor elf Jahren aus Peru nach Deutschland kam, sich scheiden lassen≈ zu einer öffentlichen Institution gehen, wo eine Ehe geschieden wirdließ sie sich scheiden lassen≈ zu einer öffentlichen Institution gehen, wo eine Ehe geschieden wirdsich von ihrem Mann sich scheiden lassen≈ zu einer öffentlichen Institution gehen, wo eine Ehe geschieden wirdscheiden. Das bedeutet: sehr viel Bürokratie. Und Cavassa kannte in ihrer neuen Heimat niemanden.
„Ich habe zwar einen Deutschkurs gemacht. Aber den Brief vom Amt habe ich trotzdem nicht verstanden“, erzählt sie. Also rief sie die Dame an, die ihr geschrieben hatte. Eine gute Entscheidung: „Das Gespräch war sehr positiv“, stellt Cavassa fest. „Und die freundliche Sachbearbeiterin hat mir nicht nur einmal geholfen. Ich konnte sie immer anrufen, wenn ich Hilfe wegen der Scheidung brauchte.“
Der Anruf bei einer Behörde kann also eine gute Idee sein – aber für viele Deutschlernende ist er nicht einfach. Das berichtet Anne Schleper. Sie unterrichtet Deutsch an der Volkshochschule im niedersächsischen Cloppenburg. „So ein Anruf ist wegen der die Sprachbarriere, -nSchwierigkeit, sich zu verstehen, weil man unterschiedliche Sprachen sprichtSprachbarriere für einige der große Schritt, -ehier: ≈ schwierige Sacheein großer Schritt“, sagt sie.
Schleper empfiehlt Ausländern, unverständliche Briefe in den Deutschkurs mitzubringen. Sie erklärt: „Man muss in so einem Brief nicht gleich jedes Wort genau verstehen. Zuerst herausfinden≈ entdecken; Informationen suchenfinden wir gemeinsam herausfinden≈ entdecken; Informationen suchenheraus, welchen Inhalt das Dokument hat. Danach können wir zum Beispiel nach Synonymen für unbekannte Wörter suchen.“
Viele von Schlepers Schülerinnen nutzenhier: ≈ benutzennutzen die Möglichkeit, ihre Behörden-Korrespondenz in den Unterricht mitzubringen. Manche haben vorher auch schon den Kontakt mit dem Amt gesucht. „Ein Anruf dort hilft auch nicht immer“, erzählt Schleper. „Manche Angestellte auf den Ämtern wiederholen dann einfach nur, was sie geschrieben haben. Sie können es aber nicht erklären.“
Einfaches Formulieren ist schwer
Michaela Blaha kennt dieses Phänomen sehr gut. Die Sprachwissenschaftlerin ist Chefin der IDEMA die Gesellschaft, -enhier: Organisation; FirmaGesellschaft für verständliche Sprache. Die Firma schreibt Texte für Behörden und das Unternehmen, -FirmaUnternehmen. Außerdem bietet Blaha Seminare für Ämter an. In den Kursen zeigt sie Beamten, wie man verständlich kommunizierenhier: schreiben oder sprechenkommuniziert. „Diese Qualifikation fehlt vielen“, weiß Blaha. „Die Sachbearbeiter lernen das nicht in ihrer Berufsausbildung – obwohl es ihre Aufgabe ist. Behörden sind für die Bürger da.“
Komplexe juristische Inhalte gut zu erklären, ist eine die Herausforderung, -enhier: interessante und auch schwierige AufgabeHerausforderung. „Manche Menschen bei Behörden verstehen selbst nicht ganz genau, was sie schreiben“, stellt Blaha fest. „Sie kopieren die Passage, -n (franz.)hier: Teil eines TextsPassagen aus Gesetzestexten in den Brief, weil sie sich dann sicher fühlen. Oder sie verwenden Formulierungen aus der Korrespondenz mit anderen Personen.“ So ist es wirklich keine Überraschung, wenn ein Brief vom Amt unverständlich ist.
In ihren Seminaren übt Blaha mit den Angestellten das einfache Formulieren. Sie erklärt ihnen, warum Deutschlernende manche Sätze nicht verstehen: „Bei dem Satz Ich unterrichtenhier: mitteilen; informierenunterrichte Sie zu gegebener Zeitim richtigen Momentzu gegebener Zeit denkt ein Ausländer an Unterricht und Lernen. Viel einfacher ist die Formulierung Ich informiere Sie. Ein anderes Beispiel ist der Satz Sie müssen anzeigenhier: mitteilen; informierenanzeigen, wenn sich Ihre Situation ändert. Eine Ausländerin denkt dann, dass sie für eine Anzeige zur Polizei gehen muss. Auch hier gibt es eine einfache Alternative: Sie müssen mitteilen.“
Komplexe Satzstrukturen
Ein anderer Aspekt des Amtsdeutschen ist die Satzstruktur. Manchmal steht die elementare Information am Ende des Satzes. „Bis man an der wichtigsten Stelle ist, hat man den Anfang schon wieder vergessen“, kommentiert Ian McMaster. Blaha kennt den Grund für solche Konstruktionen: „Manche Menschen auf den Ämtern machen das, damit der Empfänger den Satz oder Brief bis zum Ende liest. Sie denken, das hilft.“
Auch bei bestimmthier: speziellbestimmten Substantiven steht die Information manchmal am Ende. Zum Beispiel benennenhier: zeigenbenennen Fachwörter die Art eines Dokuments:
- das Antragsformular; e. ein Formular: Damit können Sie etwas beantragen.
- der Leistungsbescheid; e. Bescheid (= Mitteilung) eines Amts darüber, welche Leistung (= wie viel Geld oder welchen Service) Sie bekommen (zum Beispiel Arbeitslosengeld)
Am Ende von Blahas Seminaren bekommen die Teilnehmenden eine Aufgabe: Sie sollen ihre alten Texte noch einmal neu formulieren – hoffentlich gut verständlich. „Das macht den Leuten dann auch Spaß“, sagt Blaha.
Für komplizierte Sprache ist Sebastián Flechas Contreras eigentlich Experte. Der Jurist kam vor zwei Jahren aus Kolumbien nach Deutschland. Wegen seines der Aufenthaltstitel, -≈ Dokument, das zeigt, dass die Erlaubnis für den Aufenthalt in einem Land zeigtAufenthaltstitels hatte Flechas viel Kontakt mit der Ausländerbehörde. Er sagt: „In den offiziellen Briefen stehen oft Substantive statt Verben. Und die Wörter sind teilweisehier: manchmalteilweise extrem lang. Das macht es unmöglich, die Sprache komplett zu verstehen.“ Der 24-Jährige benutzt deshalb das Online-Übersetzungstool DeepL. Er gibt einen Tipp: „Bei DeepL hilft es zusätzlichhier: außerdem; noch dazuzusätzlich, den Kontext eines Wortes oder eines Satzes zu sehen.“
Auch Mansour Neubauer empfiehlt Online-Übersetzer als Mittel, um Amtsdeutsch besser zu verstehen. Der der Referent, -enhier: Person, die Kurse oder Seminare zu einem Thema gibtReferent für einfache Sprache sieht es aber generellhier: ≈ normalerweise; eigentlichgenerell ähnlich wie Blaha: „sollte nicht … habenhier: es ist nicht gut, wenn … hatNicht der Empfänger eines Briefes sollte nicht … habenhier: es ist nicht gut, wenn … hatsollte die Arbeit sollte nicht … habenhier: es ist nicht gut, wenn … hathaben, sondern der Absender.“
Neubauer gibt Workshops für einfaches Deutsch bei Behörden und Firmen. Außerdem übersetzt er sprachlich komplizierte Texte in verständliches Deutsch. Er sagt: „Im Workshop frage ich die Teilnehmenden zum Beispiel, ob sie wirklich raumübergreifend≈ groß; breitraumübergreifendes Großgrün schreiben müssen. Warum nicht einfach Baum? Auch einen Satz wie Die Antwort kommt in Kürze kann man einfacher formulieren – nämlich: Die Antwort kommt bald. Manchen Teilnehmenden wird dann erst klar, dass Deutschlernende die Vokabel bald wahrscheinlich kennen – in Kürze aber nicht.“
Neubauer stellt fest, dass das Interesse an verständlicher Kommunikation wächst. „Die Welt wird komplizierter. Und man sucht immer mehr nach Wegen, um sie weniger kompliziert zu machen.“
Wer hilft?
Aber haben Ämter auch diese Motivation? Untersuchungen wie die der Universität Hohenheim zur Corona-Kommunikation der Regierung machen eherhier: ≈ mehreher skeptisch.
Sprachwissenschaftlerin Blaha sagt: „Firmen haben in den letzten Jahren definitiv gemerkt, dass sie verständlicher kommunizieren müssen. Wenn sie das nicht tun, bedeutet das mehr Arbeit und höhere Kosten. Behörden haben das leider noch nicht erkannt. Es sind dort immer nur einzelne Personen, die die Kommunikation verbessern wollen.“
Die komplizierte Sprache der Ämter hat die Konsequenz, dass manche Menschen Hilfe brauchen. Die bekommen sie aber nicht nur in Deutschkursen. Auch Organisationen wie die die Caritaskurz für: Deutscher Caritasverband = Organisation der katholischen Kirchen in Deutschland, die Menschen in sozialer Not hilftCaritas und das das Diakonische WerkOrganisation der evangelischen Kirche, die Menschen in sozialer Not hilftDiakonische Werk unterstützen. „Wir schicken niemanden weg“, versprechenhier: garantieren; sagen, dass man sicher … tun wirdverspricht Amira Hasso. Sie ist Referentin für Migration und Integration beim der Landesverband, -verbändeOrganisation eines Bundeslandes (das Bundesland, -länder: Teil von einer föderalistischen Republik)Landesverband der Caritas in Oldenburg.
Bei Problemen mit der Bürokratie kann man zum Beispiel zur nächsten Caritas-Stelle gehen. Dort koordinieren die Angestellten das passende Angebot. Außer einer Migrations- und Sozialberatung oder der Auskunft einer Juristin können das der Integrationslotse, -nPerson, die Migranten bei der Integration hilftIntegrationslotsen sein. Das sind ehrenamtlichohne Bezahlungehrenamtlich aktive Menschen. Für ihre Arbeit bei der Caritas haben sie Qualifikationskurse gemacht.
„Integrationslotsen sind zwar keine Juristen. Aber sie können Behördenbriefe übersetzen und erklären. Sie kommen auch mit aufs Amt. Und wenn jemand das möchte, sind sie auch bei der Anmeldung der Kinder in der Schule oder im Kindergarten dabei“, erklärt Hasso.
Hasso gibt noch einen anderen Tipp: die kostenlose App Integreat. Migrantinnen finden damit in verschiedenen Sprachen Informationen und Angebote – nicht nur zu Ämtern und Bürokratie, sondern auch für die Freizeit. „Die App bietet eine tolle Orientierung“, sagt Hasso.
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